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Athletiktraining 

Stretching im Tischtennis. Ein Faktencheck! Athletiktraining im Fokus 06/22.

Stretching ist eine längst bewährte Trainingsmethodik im Tischtennis. Trotzdem treten bei dieser Trainingskategorie häufig kontroverse Diskussionen auf. Um Trainer:innen und Spieler:innen einen Überblick über die Dos and Don'ts des Dehnens zu geben, haben wir einen Faktencheck durchgeführt.

Erstellt von Marius Mandl
Die Steigerung der Beweglichkeit hat sich im Tischtennistraining längst bewährt. Copyright: Kolodziejczyk.

Gedehnt sollte unbedingt vor und nicht nach dem Training werden. Wahr oder falsch?


Grundsätzlich hat das statische Dehnen nichts vor einem Training verloren, da dies eine Herabsetzung der Muskelspannung zur Folge hätte. Jedoch darf durchaus kurz und dynamisch gestrecht werden. Besonders im Tischtennis sollten zumindest die Endpositionen des Schlages in dynamischer Form eingenommen werden, um den passiven Bewegungsapparat auf die kommende Belastung vorbereiten zu können. Da unmittelbar nach dem Training ein herabsetzen der Muskelspannung keine Problematik darstellt, sollte statisches Dehnen nach dem Training stattfinden. Wenn nach dem Tischtennis oder dem Konditraining ein Muskelkater auftritt, ist jedoch Vorsicht beim statischen Stretching geboten. Im nächsten Punkt erfährt ihr weshalb dies der Fall ist. 

Nach einem harten Tischtennis Wettkampftag oder einem intensiven Training tüchtig Dehnen verhindert einen Muskelkater. Wahr oder falsch?


Leider nicht! Durch intensive sportliche Belastungen entstehen kleinste Risse in der Muskelfaser bzw. in den Strukturen innerhalb des Muskels. Diese Schädigungen äußern sich in Form eines Muskelkaters. Nun bewirkt das Dehnen durch die erzeugte Spannung ebenso einen Reiz, der diese Elemente weiter zerstören kann. Somit ist es nicht nur unmöglich durch Stretching den auftretenden Muskelkater zu verhindern, sondern dieser kann durch Dehnen unmittelbar nach einer Belastung sogar befeuert werden.

 

Beweglichkeit ist reine Sache der Genetik und kaum trainierbar. Wahr oder falsch? 


Auch wenn es im Sport eine anthropometrisch günstige und ungünstige Genetik, wie zum Beispiel die Körpergröße oder Gelenkwinkelverhältnisse gibt, muss stets festgehalten werden, dass die Beweglichkeit in einem sehr hohen Maß trainierbar ist. Demnach kamen erwachsene Turner:innen welche heute spielend leicht in den Spagat kommen – nicht einfach so auf die Welt, sondern entwickelten ihre Beweglichkeit durch regelmäßiges Dehnen so weit bis dieses hohe Level erreicht wurde. Auf der anderen Seite waren Erwachsene – welche heute aus dem Stand mit ihren Händen die Füße nicht berühren können - genauso wenig seit jeher dermaßen unbeweglich, sondern büßten durch jahrelanges Sitzen bzw. Inaktivität Schritt für Schritt ihre Beweglichkeit ein. Daher ist die Flexibilität trainerbar und gleichermaßen wieder abbaubar. 

Beweglichkeitstraining führt dazu, dem Nervensystem beizubringen den Bewegungsradius größer werden zu lassen. – Der Muskel bleibt jedoch gleich groß. Wahr oder falsch? 


Es gibt tatsächlich einen Dehnungsreflex, der vereinfacht gesagt dem Körper meldet wann die Spannung der Muskulatur zu hoch wird und eine weitere Steigerung der Bewegung verhindert. Trotzdem gibt es auch eine Anpassung der Muskulatur selbst. Studien zeigen, dass Dehnungsmethoden eine Verlängerung der Muskelfaser nach sich ziehen (Zots et al., 2016). Es kommt zur Anlagerung neuer Sarkomere. Dies sind kleinste Bestandteile der Muskelfaser (Zöllner et al., 2012). Übrigens können sich bei einer Einstellung des Beweglichkeitstrainings diese Sarkomere wieder auflösen. Fazit: Die Muskellänge ist tatsächlich trainierbar!
 

Krafttraining und Beweglichkeit sind Totfeinde. Wahr oder falsch? 

Die Annahme Krafttraining mache Unbeweglich ist eine der größten, jedoch auch hartnäckisten Mythen rund um die Thematik. Tatsächlich führt Krafttraining zu einer Steigerung der Beweglichkeit durch die bereits vorhin erwähnte Anlagerung der Sarkomere innerhalb der Muskelfaser. Um eine stetige Steigerung der Flexibilität - auch bei einer konstanten Integration des Krafttrainings im Trainingsalltag - zu sichern, sollte regelmäßig (mind. zwei Mal pro Woche) gedehnt werden. Dass Muskelmasse und Beweglichkeit kein Widerspuch sein muss, zeigt außerdem die Praxis im Turnen. Die Athlet:innen dieser Disziplinen verfügen neben einer gut ausgeprägten Beweglichkeit auch über ein hohes Kraftniveau.